Muss es immer Training sein?
- alexandra1wasmeier
- 21. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Ich muss heut noch in den Stall zum Training, weil…

… ich die Übung der letzten Reitstunde nochmal wiederholen muss.
… ich mein Pferd nach langer Verletzungspause wieder antrainieren muss.
… wir noch mehr Muskeln aufbauen müssen.
… ich mein Pferd bewegen muss, um den Schleim zu lösen.
… mein Pferd sein tägliches Training benötigt, um die Sehnen und Bänder zu stabilisieren.
… wir in einer bestimmten Disziplin besser werden müssen.
… usw.
Viele Pferdebesitzer kennen solche Tage. Man ist kaputt von der Arbeit, aber man MUSS noch in den Stall. Es gibt viele Gründe. Jedoch sollte es kein Muss sein. Vielmehr ein ich KANN, ich DARF, ich WILL.
Was würde passieren, wenn du einfach mal so zum Pferd fährst. Ohne Absicht, Erwartungen und Plan. Du kommst ohne Druck am Stall an. Gehst gelassen und ruhig auf dein Pferd zu und machst was dir spontan in den Sinn kommt. Vielleicht beobachtest du dein Pferd erst mal eine Weile. Hat es mich schon entdeckt? Wie kommuniziert mein Pferd mit seinen Kumpels?
Erst dann gehst du langsam darauf zu. Lässt ihm deine Hand beschnuppern, die du ihm vorsichtig hinhältst. Du schaust dir dein Pferd einfach mal nur an. Kommen dir Erinnerungen hoch, wie deine erste Begegnung war? Wie dein Herz hüpfte? Wie aufgeregt du warst? Dein erster Ritt. Dein erster Galopp. Dein erstes Turnier.
Sanft streichelst du über seinen Hals. Fühlst wie sich das Fell auf deiner Haut anfühlt. Du atmest den Duft deines Pferdes ein und machst kurz die Augen zu. Du fühlst dich ganz im Hier und Jetzt. Dein Pferd schließt ebenfalls die Augen, weil es diesen Moment geniest. Den Moment der Vertrautheit zwischen euch.
Langsam löst du dich und gehst einen Schritt rückwärts und bemerkst, dass dich dein Pferd verdutzt anguckt… wie… wars das? Es geht langsam auf dich zu und stupst dich mit seiner Nase an. Du streichst sanft über seinen Kopf. Und legst ihm das Halfter um. Ihr geht langsam Richtung Ausgang. Nein, heute nicht gleich zum Putzplatz. Sondern gleich auf den Reitplatz. Der ist gerade leer und die Sonne scheint so schön. Du lässt dein Pferd vom Halfter und gehst einfach los. Folgt er dir? Schaut er erst mal was passiert? Oder erkundet er von alleine den Platz? Beschnuppert den Boden, schaut neugierig was die anderen so machen. Beobachtet DICH.
„Hmmm. Mein Mensch ist heute komisch…. Ich wälz mich erst mal ne Runde…“
Du drehst dich in seine Richtung und hockst dich auf den Boden und beobachtest dein Pferd.
„Wie mein Pferd seine Umgebung erkundet. Mit allen Sinnen. So ein großes Tier und doch so sanft.“
Du richtest dich wieder auf und gehst weiter deine Runden. Ohne Plan. Du bemerkst, wie dich dein Pferd wieder aufmerksam beobachtet und langsam in deine Richtung kommt. Es folgt dir. Ohne Strick. Ohne Druck. Ohne, dass du es von Ihm verlangst. Ganz aus freiem Willen. Welch ein Gefühl. Gänsehaut läuft dir über deinem Rücken. Und du spürst auch ein bisschen Stolz.
Ihr dreht gemeinsam ein paar Meter auf dem Platz. Dann bleibst du stehen und wechselst die Richtung.
„Mal schauen was passiert.“
Dein Pferd dreht sich ebenfalls um und folgt dir wieder. Welch ein Moment. Du fühlst dich wieder ganz im Hier und Jetzt. Ihr bleibt gemeinsam stehen und seht euch an. Du bedankst dich bei deinem Pferd. Es schließt langsam die Augen. Auch dein Pferd genießt es gerade sehr, einfach mal nur Pferd in deiner Gegenwart sein zu dürfen.
Nach einer Weile des Stillstandes legst du ihm wieder das Halfter an. Nein, auch jetzt führt euer Weg nicht wie gewohnt in Richtung Putzplatz, sondern wieder zurück zu seiner Herde. Du lässt dein Pferd vom Halfter und bist erstaunt, dass er nicht gleich zu seinen Kumpels geht. Er bleibt bei dir stehen. Schaut dich an. Blinzelt wieder mit den Augen. Und bedankt sich bei dir.
„Danke, für die heutige gemeinsame Zeit. Danke, für die Momente. Danke fürs einfach mal Sein dürfen. Bis morgen. Freu mich schon auf unser Training.“
Langsam dreht sich dein Pferd von dir weg und geht in Richtung Heuraufe.
Auch du gehst wieder zurück zu deinem Auto und setzt dich rein.
„Schön wars. Richtig schön. Welch toller Abschluss nach diesem stressigen Arbeitstag. Fühlt sich an wie ein Kurzurlaub. Freu mich schon auf unser morgiges Training… Wobei… Vielleicht gehen wir auch ein bisschen spazieren. 😊





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